Geburtserlebnis von Katharina

Übersicht

Die letzten Wochen der Schwangerschaft waren ziemlich aufregend und anstrengend. Unser Kind sollte Ende Juli geboren werden, also mitten in den Sommerferien, in denen Moritz und Karola (Stephans Kinder aus erster Ehe) 3 Wochen bei uns sein würden. Moritz ist 11, Karola 5 und unser gemeinsamer Sohn Matthias jetzt 3 Jahre alt. Es waren meine letzten 3 Wochen vor der Geburt und aus der bisherigen Erfahrung wusste ich, dass der Alltag mit 3 anstatt 1 Kind sehr kräftezehrend ist, zumal wenn Schule und Kindergarten geschlossen sind. Also überlegten wir, dass es vielleicht das Beste sei, wenn Stephan mit allen 3 Kindern alleine in Urlaub fahren würde, nicht so weit, nur in den Hunsrück, so dass er ggf. schnell zurück kommen könnte. Ich hätte dann meine Ruhe und könnte nochmals richtig auftanken.

Kehrseite war aber auch, dass ich alleine war, mächtige Angst vor Gewittern hatte, die Unruhe immer größer wurde und ich mir verlassen vorkam … Also fuhr ich für ein paar Tage auch in den Hunsrück, um meine Lieben zu besuchen.

Nitya, bei der ich fast alle Vorsorgeuntersuchungen gemacht habe und die wir ja auch schon von Matthias Geburt her kannten, unterstützte und versorgte mich die ganze Schwangerschaft über, aber besonders in den letzten Wochen mit energiegeladenen Tipps, Akupunktur, der nötigen Zuversicht und einer riesigen Portion Humor, die mir die schwere Zeit wirklich erleichterten.

Die Tage im Hunsrück waren wunderschön, wir haben einen zwar sehr kurzen, aber schönen und innigen Familienurlaub gehabt und mir fiel es schwer, wieder zu fahren. Andererseits freute ich mich nun wieder auf die Ruhe zuhause.

Matthias fuhr mit nach Hause und meine Mutter kam, um uns zu helfen. Sie sollte auch bei der Geburt dabei sein.
Freitags sollten die anderen nach Hause kommen, Moritz und Karola würden wieder zu ihrer Mutter fahren und dann könnte ich in Ruhe unser Kind bekommen. Aber Mittwochs abends merkte ich ein leichtes Ziehen. Ich dachte an Darmkrämpfe oder Übungswehen, ging in die Badewanne, was wirklich gut tat und das Ziehen hörte auf. Ich ging schlafen. Um zwei Uhr wurde ich aber wach und war mir sicher, das sind Wehen. Aber sie waren leicht und gut auszuhalten. Ich wartete, überlegte, was zu tun sei. Um 4 Uhr rief ich Stephan an, die Wehen kamen alle 8-10 Minuten. Dann rief ich auch Nitya an, obwohl mir klar war, dass sie noch nichts tun konnte. Ich wollte nur hören, dass es richtig war, Stephan kommen zu lassen. Das hörte ich dann auch.

Um 7 Uhr war Stephan bei mir, die Kinder bei ihrer Mutter. Wir frühstückten, die Wehen ließen etwas nach, die Pausen wurden größer. Matthias ging wie gewohnt in den Kindergarten und wir legten uns hin, um noch etwas Schlaf nachzuholen. Die Wehen wurden immer weniger, aber ich war so aufgedreht und unruhig, ich konnte nicht schlafen. Also standen wir wieder auf, bereiteten noch die letzten Dinge im Baby- und Schlafzimmer vor. Um 11 Uhr waren die Wehen komplett weg. Ich rief wieder Nitya an, um Entwarnung zu geben. Nitya meinte nur, ‚Na, dann haben die Wehen ja ihren Zweck erfüllt, Dein Liebster ist ja wieder da!“

Wir gingen spazieren und ich war so froh, nicht im Krankenhaus zu sein, wo ich wahrscheinlich wieder weggeschickt worden wäre oder an den Wehentropf. Ich konnte ohne Probleme laufen, die Wehen kamen nicht wieder. Dann legten wir uns beide wieder ins Bett und siehe da: die Wehen kamen wieder. Wir kuschelten uns aneinander und ich hatte das Gefühl, erst jetzt ist Stephan wieder bei mir. Die Wehen wurden heftiger. Um ca. 14.15 Uhr ging ich in die Badewanne und als wir auf die Uhr guckten, hatte ich schon alle 5 Minuten Wehen. Auch konnte ich ganz leicht schon selbst das Köpfchen fühlen. Stephan rief Nitya an, es war kurz vor 3. Um viertel nach 3 war Nitya da, untersuchte mich und meinte, das Baby kommt gleich! Tja und dann ging alles so schnell. Meine Mutter konnte kaum Handtücher im Backofen vorwärmen und Kaffee kochen, da war Philipp auch schon da. Als Nitya kam, flaxten wir noch, ich weiß nicht mehr worüber, wohl noch, dass ich in den Wehenpausen guter Laune war und mich freute, dass es jetzt doch los ging. Das Flaxen war dann aber schnell vorbei, weil die Wehenpausen immer kürzer, die Wehen dafür immer heftiger wurden. Ich wollte aus der Badewanne raus, es war mir zu heiß, es tat außerdem alles sau weh. Ich hatte Angst, dass ich kollabiere. Die Fruchtblase platzte. Nitya ließ kaltes Wasser dazu und machte Vorschläge, wie ich mich anders hinlegen könnte. Stephan massierte mich, hielt meinen Rücken und tupfte mir die Stirn ab.

Meine Mutter holte Handtücher und hielt auch noch mein Bein fest. Ja, und dann kamen schon die Presswehen, die so verdammt weh taten, dass ich dachte: Ich will das nicht, das halte ich nicht lange aus. Aus Angst, dass mich der Schmerz völlig im Griff haben und mich verrückt machen könnte, schob ich dagegen an, ich wollte diejenige sein, die bestimmt. Ich kann gar nicht mehr erklären, was das war, aber im Nachhinein fast sowas wie ein Machtkampf: Schmerzen gegen meine Kraft. Ich atmete tief in den Bauch und je weher es tat, umso heftiger schob ich mit, fast so, als ob ich immer noch einen drauf setzen wollte. Dann hörte ich meine Mutter schon sagen, „da ist das Köpfchen, ganz viele schwarze Haare‘. Dann merkte ich, als die Wehe aufhörte, dass das Köpfchen zurückrutschte und ich fast wütend wurde. Ich wollte dieses Spielchen nicht. Nicht hin und her, sondern raussss! Also noch einmal und Philipp rutschte tatsächlich raus und … schwamm auf meinen Bauch. Ich konnte es nicht fassen, dass sollte es gewesen sein. Es war 15. 45h. Da hielt ich dieses kleine Wesen auf meinem Bauch fest, drückte die Beine an mich und er quakte entspannt. Philipp war schneeweiß von der Käseschmiere, hatte aber knallrote Lippen. Wahnsinn! Stephan heulte, meine Mutter heulte, selbst Nitya hatte Tränen in den Augen und ich war erleichtert, gelöst, geschafft, wir hatten es geschafft. Ich hatte gewonnen!

Mein Sohn war so einfach und natürlich geboren worden, es war ein Glücksmoment, den man eigentlich nicht zu fassen kriegt. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Ich klammerte mich so an mein Kind, wollte es gar nicht loslassen, mich nicht mehr bewegen, den Moment festhalten, das Glück der Welt umarmen. Ein Wunder, das da auf meinem Bauch lag und um mich herum die Badespielsachen von Matthias und meine Liebsten.
Stephan nabelte den Kleinen ab. Ich dachte, ich bade in rotem Blutwasser, aber was mich wunderte, das Badewasser war genau so klar wie vorher. Schließlich ließen wir das Wasser ab, ich hockte mich in die Wanne, schob noch einmal ein wenig, aber eher zog Nitya die Plazenta an der Nabelschnur heraus. Jetzt ging ich mit der Hilfe der anderen in unser Bett und da lag ich dann mit Philipp auf dem Bauch, während die anderen Champagner tranken. Dann untersuchte Nitya den Kleinen und zog ihn an. Elisabeth, unsere Leihoma, hatte Matthias vom Kindergarten abgeholt und war mit ihm noch bei den Ziegen gewesen. Jetzt kamen sie nach Hause und alles war in Butter. Wir folgten Nityas Vorschlag und meine Mutter ging mit Philipp in einen anderen Raum, so dass Matthias erst zu uns ins Bett kam, er war sichtlich irritiert, merkte, dass hier was Großes passiert war. Dann brachte meine Mutter Philipp dazu, und Matthias konnte ihn in Empfang nehmen.
Insgesamt finde ich auch jetzt im Nachhinein, es war wirklich eine Bilderbuchgeburt. Ich danke Nitya sehr dafür und bin stolz auf mich und meine Familie.