Geburtserlebnis von Antje

Übersicht

Lieber Jasper,
als hättest Du es geahnt, dass ich mir einen kleinen Schützen wünsche, hast Du bis zum 23.November mit Deiner Ankunft gewartet. Nun möchte ich Dir erzählen, wie Du in den Schoß Deiner Familie hineingeboren worden bist. Um kurz nach 24 Uhr weckt mich ein vorzeitiger Blasensprung. Es fühlt sich an, als ob eine kleine Seifenblase zerplatzt. Ich gehe hoch zu Deinem Papa und sage ihm, dass es losgeht.

Obwohl Du unser drittes Kind bist, sind wir dennoch ganz schön aufgeregt. Vielleicht auch deshalb, weil wir wissen, dass Du zu Hause auf die Welt kommen sollst. Wir kuscheln erst noch eine Weile und immer wieder fließt mir das warme Fruchtwasser die Beine entlang. Nach kurzer Zeit setzen auch schon die Wehen ein. Jetzt ruft Papa unsere Hebamme in Köln, die Nitya an, die 15 Minuten später mit mehreren Taschen bepackt vor unserer Haustür steht.

Nachdem sie mich vaginal untersucht und mir mitteilt ,dass der Muttermund schön weich und 3 cm geöffnet ist, machen die Zwei im Wohnzimmer alles bereit. Als ich runter gehen möchte, kommt mir Dein ganz großer Bruder schlaftrunken entgegen und will schon aufstehen. Als ob er irgendetwas spüren würde. Aber er ist eigentlich nicht richtig wach. Ich bringe ihn wieder ins Bett, streichele ihn und sage: „Du musst noch schön schlafen“ und Kilian antwortet: „Weisst Du, ich dachte, es wäre schon morgen“. Jetzt schläft er wieder und ich gehe zufrieden ins Wohnzimmer. Ich bin ganz gespannt und denke „so, jetzt dauert es nicht mehr lange und dann kommst Du“. Im Raum liegt eine große Matratze und Nitya hat ihre Sachen auf dem Schreibtisch ausgebreitet. Auch für den Notfall ist sie gerüstet. Das gibt uns viel Sicherheit.

Die Wehen kommen regelmäßig ca. alle 10 min. und sind gut auszuhalten. Die nächsten 1-1,5 Std. verbringen wir in schon fast gemütlicher Stimmung, erzählen und lachen. Ich gehe auf und ab und kann die Wehen gut veratmen. Zwischendurch nehme ich ein warmes Bad,was eine Zeit lang eine wunderbare Entspannung ist.Nitya untersucht mich noch einmal und meint dann, es ginge alles seinen normalen Weg. Sie möchte sich jetzt noch ein wenig ausruhen, bevor es richtig losgeht.

So verbringen Dein Papa und ich, vielleicht eine halbe bis dreiviertel Stunde zu zweit. (Für mich ist es schwierig ein zeitliches Gefühl zu finden, weil ich gar nicht auf die Uhr schaue.)

Die Wehen werden heftiger. Wir sind eine ganze Zeit in der Küche. Ich stütze mich auf die Arbeitsplatte und versuche die Wehen so gut wie möglich zu veratmen. Es tut weh, so unglaublich weh und es sind viele Rückenwehen dabei. Dein Papa ist die ganze Zeit bei mir, streichelt und massiert mich. Mein Steiss fühlt sich an, als ob er brennt und ich glaube meine Wirbelsäule bricht auseinander. Ich hatte ganz vergessen wie schmerzhaft es ist, sein Kind auf die Welt zu bringen. Ich bitte Papa Nitya zu holen, die aber schon auf dem Weg zu uns ist. Sie streichelt mich und spricht mir Mut zu. „Versuche mitzuschieben, schieb in die Wehe hinein“. Unter großen Schmerzen versuche ich Dich in den Geburtskanal hineinzuschieben.

Ich kann nicht so recht und ich glaube Du hast auch so Deine Schwierigkeiten den Weg zu finden. Nitya hört Deine Herztöne ab. Ich muss mir keine Sorgen machen, es geht Dir gut. Auch fühlt sie noch mal den Muttermund und sagt, dass alles schön weich ist. Ich könnte heulen, warum tu ich mich immer so schwer mit der Entbindung!

Ich liege eine ganze Zeit auf der Matratze im Wohnzimmer. Auch jetzt ist Dein Papa immer da. In den Wehen drücke ich seine Hand heftig. Nitya gibt ihm Tipps, wie er mir noch helfen kann und sie achtet darauf, dass ich nicht zu lange in einer Stellung liege. Ich veratme die Wehen, die in immer kürzeren Abständen kommen und weiter an Intensität zunehmen. Und ich versuche Dich in den Geburtskanal zu schieben. Ich fühle mich so erschöpft, die Grippe, und der wenige Schlaf der Nacht lassen meine Kräfte noch mehr schwinden. Ich habe Angst. Angst, dass ich es nicht mehr schaffe. “ Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr, „sage ich. Doch beide erwiedern: „Du schaffst das, Du machst das ganz toll.“ Auf Nitya`s Rat hin lege ich mich auf die Seite und versuche die Wehen ganz ruhig wegzuatmen, nicht mitzuschieben, mir ein paar „Pausen“ zu gönnen. Sie hält meine Hand und sagt: „Bald hast Du es geschafft.“ So haben wir dann zu dritt die Nacht verbracht. Nitya, Dein Papa und ich.

Irgendwann, in den frühen Morgenstunden geht Nitya mit mir ins Badezimmer. Sie fragt mich, ob ich mich vielleicht mal auf die Toilettenbrille setzen möchte, um meinem Steißbeinschmerz Erleichterung zu verschaffen. Und es tut wirklich gut. Wo ist Dein Papa, denn ich bin mit Nitya alleine. Sie sagt, dass Kilian runtergekommen ist und gefragt hat was los sei. Jetzt kümmert er sich erst mal um die „großen Jungs“.

Obwohl das Badezimmer aufgeheizt ist, friere ich. Nitya lässt Wasser in die Wanne laufen und bei dem Anblick der Badewanne freue ich mich richtig. Ganz vorsichtig steige ich in das warme Wasser und will mich setzen. Genau da kommt eine sehr heftige Wehe, die ich nicht richtig veratmen kann und ich verspanne mich ganz stark. Eigentlich möchte ich sofort wieder raus aber Nitya hilft mir eine einigermaßen bequeme Position zu finden und gibt mir etwas, zum inhalieren, was mir längere Wehenpausen verschafft. Wie wohltuend! Zwischenzeitlich schlummere ich immer wieder weg aber die nächste Wehe holt mich mit voller Wucht zurück. Irgendwann kommt Dein Papa wieder und hält für den Rest der Zeit meine Hand. Wie schön sie zu spüren. Ganz viele Wehen veratme ich jetzt nur noch. Es ist still, keiner sagt etwas. Ich fühle mich kraftlos, aber Dir geht es gut. Nitya hört immer wieder Deine Herztöne ab und sagt dass alles in Ordnung ist. Und dann merke ich, dass sich da unten etwas tut. Nitya untersucht noch mal und meint ganz freudig: „Ich fühle das Köpfchen, jetzt kann es nicht mehr lange dauern. Das gibt mir neuen Mut!“

Dann kommen die Presswehen und ich schiebe mit aller Kraft, die ich habe mit. Ich drücke so sehr, wie ich kann. „Ruhig atmen“ höre ich wie aus weiter Ferne und ich versuche ganz ruhig zu atmen und die Augen geschlossen zu halten. Eine Presswehe kommt nach der nächsten. Dann sieht Nitya auf einmal die Haare. Gemeinsam spornen sie mich an weiterzumachen. Noch 2-3 Presswehen und plötzlich spüre ich, wie Du kleines Menschlein aus mir herausgleitest. Wie ein Fisch ins Wasser. Jetzt ist es 7.04 Uhr morgens. Ich bin überglücklich, dass Du da bist. Du liegst gerade auf meinem Bauch, da kommen Kilian, Malte und auch meine Freundin Heike ins Badezimmer.

Die nächsten Minuten gehören zu den schönsten in meinem Leben. Alle sind ganz still und schauen auf Dich, dass neue Leben. Und weißt Du was, kleiner Jasper? Ich wusste erst gar nicht, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist. Malte ist der Erste der sagt:“ Mama, unser Baby ist ein Bruder.“ Es ist ein ganz heiliger Moment! Wir sind alle da, um dich zu begrüßen. Willkommen auf der Welt, Du kleine Maus.

Nach einer kleinen Weile gehe ich gestützt von Deinem Papa und mit Dir auf dem Arm in unser Bett. Nitya kommt und fängt mit der Nachbehandlung an. Ich werde mit einem Stich genäht und auch sonst gut versorgt. Kilian und Malte liegen neben mir und bewundern ihren neuen Bruder. Nachdem Nitya mit mir fertig ist, untersucht und versorgt sie Dich und ich habe das Gefühl wir sind alle in guten Händen.

Du bist mein dritter Sohn und ich bin ganz verliebt in Dich!

Deine Mama