Geburtserlebnis von Nadja

Übersicht

Nulldreinullfünfnullfünf und es wurde „Licht“

Ein Bauch zum Platzen gespannt, Füße voller Wasser, zwei erwartungsvolle Menschen und eine Hebamme. In dieser Konstellation trafen wir uns an einem Montag Abend im Mai nach einem sonnigen, warmen Tag. Nitya kam vorbei, um die Vorsorge und die Akupunkturbehandlung zu machen, abends um Sieben. Sie machte sich ein wenig Sorgen wegen meines Gesamtzustandes und wollte deshalb, dass wir die Wehen am nächsten Morgen mit einem Cocktail einladen. Die Zutaten für diesen Cocktail erforderten einen Gang zur Notapotheke für das Rizinusöl, und nachdem Nitya meinen Muttermund massiert hatte, gingen Miguel und ich los. Simon und Lena, die noch zu Besuch waren, sollten mich das letzte Mal mit dickem Bauch sehen, denn offenbar hatte die Stimulation am Muttermund bereits ausgereicht: schon während des Spaziergangs gingen die Wehen los und wurden auch recht schnell stärker. Da ich ja noch nicht wusste, was Wehen überhaupt sind, wartete ich erst mal ab bis diese menstruationsartigen Schmerzen fast unerträglich wurden. Der Anruf bei Nitya war dann auch eher zaghaft aber wohl angebracht, denn sie kam recht bald mit ihrem Hebammenkoffer vorbei und baute sich ihren Arbeitsplatz auf. Das alles nahm ich nur sehr am Rande wahr, denn die Schmerzen waren doch unerwartet stark und ich bevorzugte es, in der heißen Badewanne zu bleiben.

Die Wehen kamen sehr schnell hintereinander, so dass ich kaum Zeit hatte, mich von der letzen zu erholen. Das kostete mich viel Energie und die Erschöpfung fühlte sich recht nah an. Miguel war die ganze Zeit bei mir, was mir sehr wichtig war und mir Kraft gab. Trotzdem durfte er weder meine Hand halten noch mich anfassen. Ruhig und mitfühlend assistierte er Nitya und half mir durch seine gute Energie und aufmerksame Präsenz. Irgendwann wollte ich wieder raus aus der Wanne, aber an Land war das Wehen auch nicht besser und ich ging wieder ins Wasser, so wie ich es zwei-drei mal vorher schon getan hatte. Draußen an Land aber platze plötzlich plätschernd die Fruchtblase, unerwartet und laut. Wahnsinn!

„Super! Darauf habe ich gewartet“, sagte Nitya, und ich wusste: jetzt geht’s los! Die Pressphase hatte sich angekündigt und auch das Tier in mir: eine geballte Ladung Kraft spürte ich in meinem Körper, einen Drang, alles rauszulassen, was ich in mir trug. Eine Transformation in ein Säugetier, das gebären will und muss. Ich wollte nur noch mitschieben. Nitya ließ mich nach einer Weile die Position wechseln, vom Vierfüßler auf die Seitenlage, um dort ein paar Wehen zu veratmen, was schonender für das Baby war, jedoch unangenehmer für mich. Danach ging ich wieder in eine andere Stellung : Miguel auf dem Gymnastikball hinter mir, mich stützend und haltend und ich in der Hocke davor auf die Schwerkraft hoffend. Und so kam dann auch, Wehe für Wehe und wohltuender-Kaffewaschlappen-auf-Damm-von-Nitya für wohltuender-Kaffewaschlappen-auf-Damm-von-Nitya, die kleine Luz herausgeflutscht, ganz still und leise mit einem schluchzenden Schrei von mir und Tränen von Miguel voller Alles. Unser Licht wurde mit dem ersten Licht des Tages um 6.41 Uhr geboren. Und dann ein kleiner Schrei sonst Stille. Das Baby auf meinem Bauch, wir immer noch verbunden durch die Nabelschnur, ich in Miguels Armen und dann dieser Blick von dem neuen Wesen direkt in meine Augen, dann in die von Miguel und wieder zurück: intensiv, dunkel, forschend und neugierig – einfach irre. Dann machte sie sich daran, meine Brustwarze zu finden. Oder war es davor? ich weiß es nicht mehr genau. In dieser Nacht kamen wohl alle Gefühle zusammen, alles auf einmal oder hintereinander oder irgendwie aber auf jeden Fall intensiv. Verwirrung, Erschöpfung, Glück, Traurigkeit … ich glaube, dass sich alles in dir vereint, wenn das Universum durch dich einen neuen Menschen schickt.

Jetzt sind schon fast 12 Wochen vorbei geeilt, Luz ist ein Sonnenschein, lacht mit Ton, schläft mittlerweile durch und entwickelt sich prächtig. Jeder Tag mit ihr ist neu, ähnlich und doch anders. Miguel und ich sind glücklich, sie bei uns zu haben, jeden Augenblick. Luz ist ein Geschenk, bei dem Nitya uns half, es behutsam zu verpacken, es zu tragen, es auszupacken und auszuprobieren. Es war Nitya, die mir während der Geburt Kraft gab. Durch einen lieben Blick, ihr Mitgefühl, durch ihre wunderbaren Hände, die so großartig arbeiten. Ich freue mich schon jetzt darauf, Luz später von ihrer Geburt und von Nitya zu erzählen.***